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Vision
Stell
dir vor:
- Es
gibt einen Ort in unserer Wirklichkeit, der nicht mehr erreichbar ist.
- Einen
Berg, der zum Terra Nullus definiert wird.
- Einen
leeren Ort, der von Menschen weder betreten noch genutzt werden kann.
- Der
einzige Ort auf dieser Welt, der nur von außen betrachtet werden
kann.
- Einen
Ort außerhalb kommerzieller Interessen und Begehrlichkeiten.
- Einen
Ort außerhalb touristischer und sportlicher Aktivitäten.
- Einen
Ort, der mit seiner sichtbaren Präsenz von außen als schön und rein
gesehen werden kann.
- Einen
Ort, der keine Grenzen hat.
- Einen
Ort, der vom Staat und seinen Bürgern der freien Natur zurückgeführt
wird, als Ort der reinen Schönheit.
- Ein
Ort, der von Menschen durch Menschen friedlich sich selbst überlassen
wird.
- Ein
Ort, der sich vom höchsten Punkt des Berges talwärts seine Unberührtheit
zurückerobert.
Ort
Eingebettet
inmitten des geschützten Nationalparks Berchtesgaden im Berchtesgadener
Land liegt der Watzmann. Er thront als höchster Gipfel der
Berchtesgadener Alpen und auch als zweithöchster Berg Deutschlands im äußersten
Südosten der Republik weit über die umliegenden Gipfel hinaus. Sowohl
Fauna als auch Flora stehen unter strengem Naturschutz. Im Schatten der
2000m abfallenden Watzmann - Ostwand liegt seit Menschengedenken westlich
der tiefblaue, abgrundtiefe Königssee. Durch die Verschiebung der
Gesteinsplatten wird der Watzmann in Jahrmillionen noch an Höhe gewinnen.
Der mächtige Gebirgsstock besteht aus den markanten Gipfeln des Watzmann:
Mittelspitze (2713m), Hocheck (2651m), Südspitze (2712m) und dem kleinen
Watzmann (Watzmannfrau) (2307m). Dazwischen liegen die fünf
Watzmannkinder. Der Watzmann liegt inmitten von acht Gebirgsgruppen, die
kreisförmig um ihn angeordnet sind und die er alle überragt. So
unverkennbar der Paramount als Piktogramm eines fiktiven Berges im Kino
erstrahlt, ist der reale Watzmann mit ‚Frau und Kindern’ ein
Wahrzeichen einer scheinbar reinen Natur. Der Watzmann ist der
sagenumwobene Berg, der Traumberg, der Schicksalsberg, dem viele Wanderer
und Bergsteiger zum Opfer gefallen sind beim Versuch ihn zu bezwingen. Die
Erstbesteigung fand 1799 statt, aber erst 1868 gelang die Überschreitung
der drei Watzmannspitzen durch den Bergführer Johann Grill. Seither kamen
am Berg bis zu 100 Menschen ums Leben, die den Berg besteigen wollten. Jährlich wird der Park von unzähligen Besuchern bevölkert und belastet.
Utopie
Da jeder Ort weltweit einer Nutzung
und deren Begehrlichkeiten unterliegt, sind die Nationalparks, die keinen
direkten kommerziellen Interessen dienen, in erster Linie für die
Erholung des Menschen, ihre Bewegungsfreiheit und für die Forschung da. Würde
man ein Kerngebiet, in dem sich der Watzmann mit seinen Gipfeln befindet,
aus dem Nutzungsplan und Nutzungsanspruch des Nationalparkgesetzes
isolieren, könnte man ein Terra Nullus in dem Gebiet deklarieren. Der
Watzmann könnte außerhalb unserer Erreichbarkeit liegen - als sichtbares
Symbol scheinbar reiner Natur. Geplant ist, den bezwungenen, begangenen,
bevölkerten Berg aus der direkten touristischen Nutzung und den
Bergsteigeraktivitäten zu isolieren, behutsam umzustrukturieren,
unbegehbar zu machen und so zu einem unberührbaren Ort umzugestalten. Die
Region soll jeglicher menschlichen Nutzung entzogen und nur den natürlichen
Kräften überlassen werden (als naturbelassenes Terra Nullus). Der Berg
soll als Neutrum in den ringsherum begehbaren Gebieten des Nationalparks
stehen, welches sich in das Spannungsfeld Menschen und Natur einfügen
soll. Dies bedarf der höchstmöglichen Bereitschaft auf allen
gesellschaftlichen Ebenen und als Konsequenz müsste der Staat als
Gemeinwesen dieses Kerngebiet des Watzmann unter seine territoriale
Schutzhoheit stellen und jeden Nutzungsanspruch aufgeben. Der Watzmann wäre
ein Ort, der nur wirklich zu erreichen ist, wenn man ihm fern bleibt. Er könnte
als die letzte räumliche, terrestrische Utopie eines Ortes begriffen
werden, der für sich und außerhalb jeglicher ortbezogenen Wahrnehmung
steht. Der Mensch bleibt überall und hat seinen Platz dort herum, nur
eins wird er nicht können: diesen Ort betreten, denn betritt er ihn, ist
dieser gedachte Ort in diesem Moment schon nicht mehr existent. Es gibt
kein „vorn“ und „hinten“ in dem Gebiet, es ist unendlich in seiner
Form, weil es im Metaraum begriffen wird. Es liegt immer dort, wo man sich
nicht befindet. Durch diesen Ort werden Normen, Gesetze oder Konventionen
nach hinten oder darum herum verlagert. Der Mensch müsste sich in der
Betrachtung eines reinen, unbegehbaren Berges sozusagen mit einer
Fehlstelle auseinandersetzen. Der Berg wäre der einzige Ort, der global
im Spannungsfeld von außen nach innen gedacht werden könnte, um eine
Utopie in Form zu bringen: zum Terra Nullus.
Romantik
Caspar
David Friedrich malte 1825 das Bild `Der Watzmann` (133,5x170,5cm) - 26
Jahre nach der Erstbesteigung und 43 Jahre vor der Überschreitung der
Watzmannspitzen. Er malte das Bild nach Skizzen von Malern zu Beginn des
18.Jahrhunderts, als der Alpinismus mit der Besteigung der ersten Gipfel
des Mont Blanc und des Großglockner begann. Die Verbindung der
gesellschaftlichen Ideale der französischen Revolution mit der
romantischen Natursehnsucht förderte die Vorliebe für die majestätische
Bergwelt als Ort der Freiheit und Wahrheit.
Friedrich ließ die von Norden gesehenen Gipfel im Glanz der Sonne
vor dem transparenten lichtblauen Himmel zu einer inszenierten,
visionären Erscheinung und zum Ziel romantischer Sehnsucht werden. Obwohl
nie vor Ort, schuf er aus Splittern anderer Zeichnungen und Entwürfe ein
Mahnmal einer nicht zugänglichen Welt.
Realisierung
Natürlich
müsste dieses Projekt eine breite Akzeptanz vor allem in der näheren
Region finden. Man sollte auch nicht den wirtschaftlichen Aspekt
unterschätzen, denn die Anziehungskraft eines solchen in seiner
Definition weltweit einzigartigen Berges in seiner unberührbaren, stillen
Naturschönheit dürfte viele Besucher anziehen. Die erste Phase der
Realisierung des Terra Nullus erstreckt sich von dem Gipfel (2713m) bis
hinab auf das auf 1928 m liegende Watzmannhaus. Von dort aus dürfte kein
Zugang zum Gipfel mehr gestattet sein. Dies betrifft in erster Linie
Bergsteiger und Wanderer. Sämtliche Klettersteige, Wege und Schutzhütten
und Kletterhaken an der 2000m hohen Ostwand müssten rückgebaut werden.
In einer späteren Phase dürfte man auch das Abtragen der Berghütten nicht ausschließen. Auch die Forschung, die ihre Anwendung am Watzmann
betreibt, soll auf Null gebracht werden. Der Zugang zum Berg sollte immer
schwieriger gestaltet werden, bis auf unterschiedlichsten Ebenen eine
breite Akzeptanz vorhanden ist, den Berg sich zu selbst zu überlassen.
Der Watzmann als Terra Nullus könnte es wert sein als weltweit
einzigartiger Versuch ein Genius Loci zu erzeugen und die tiefe Sehnsucht
des Menschen in unserer immer enger werdenden Welt erfüllen, Schönheit
aus der Natur zu erfahren.
Videotrailer
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