Projekt Phantom-Trail U10

Konzept  Konzeptvorschlag im Rahmen der Ausschreibung der NGBK - U10 "Von hier aus ins Imaginäre und  wieder  zurück" 

Der Phantom Trail führt exakt über die bereits 1920 geplante, jedoch nie realisierte U - Bahnlinie U10, die sogenannte ‚Phantomlinie U10’, und stellt somit eine öffentliche Projektionsebene im Stadtraum dar.  

Der imaginär unterirdische Verlauf soll auf die Oberfläche des Berliner Stadtraums durch ein Zeichensystem projiziert werden, das den Phantom Trail durch sein Beschilderungssystem zu einer alternativen Mobilität bringt.

Über dieser ursprünglich definierten 21,5 km langen Strecke tauchen in subtiler Form dem Trail folgend Hunderte, richtungsweisende Wanderschilder als Markierungen im Stadtbild auf.

Es entsteht eine begehbare ausgesetzte Schilderspur über eine der Hauptverkehrsadern der Stadt, im Dschungel der Zeichen und der Straßenverkehrsordnung Berlins.

Die Wegführung ist gleich einem Orientierungslauf auf der Suche nach Richtung, Sinn und Inhalt. Der Nichtexistenz der Verkehrslinie U10 steht auf der Oberfläche der visualisierte, beschilderte Phantom Trail über der gedachten Linie entgegen.

Der Passant wird immer wieder auf die Streckenführung und Beschilderung des Phantom Trails stoßen, findet aber keine Bezugsebene zu der Assoziation des Wanderns oder vielleicht in der Erhöhung der romantischen Selbstfindung in der Natur. 

(...)/ Einen Weiser seh’ ich stehen/ unverrückt vor meinem Blick;/  Eine Straße muss ich gehen,/ Die noch keiner ging zuvor“. (1827 aus Wilhelm Müllers „Winterreise“ von Franz Schubert vertont)

Folgt man den Schildern in der Hoffnung auf den baldigen Abzweig in den nächsten Park oder ein städtisches Elysium wird man schnell enttäuscht. Vielmehr bewegt sich der Trail über die breit ausgelegte Verkehrsader und über das imaginäre Grabeland der U10.

Abgase, Lärm und Martinshörner machen den Weg zur Selbstmarterung.

Kommt man schließlich nach langem Marsch zum letzten Schild an der vermeintlichen Endstation der U10, weist der Pfeil auf das Ende der gedachten Linie.

Das Paradox, eine Hauptverkehrsader der Stadt als Wanderweg zu nutzen, zieht die Aufmerksamkeit des verzweifelten Städters auf sich, der sich nicht nur auf die Freizonen der Zebrastreifen beschränken und in den Zeitfenstern der Ampelphasen überleben möchte.        

Das zweckfreie Wandern vor der Tür weckt die Utopie eines freien ungehinderten Gehens und der Phantom Trail scheint letztendlich als Ausweg aus dem Mobilitätswahn in unseren Städten.

Schritt für Schritt könnte man sich die Stadt aneignen in dem Bewusstsein, die gegebenen Verhältnisse zu verändern und einen Lebensraum zu schaffen, in dem der Mensch sich gefahrlos und gesund fortbewegen kann.  

Das Gehen, Wandern, Laufen, Joggen könnte zur allgemeinen „Bürgerlust“ werden und so zur Utopie, die gegen den Verkehrswahnsinn in unseren Städten auftrumpft.

Alles, was man sich beim Wandern vorstellen kann, findet auf dem Weg Nahrung im lyrischen, politischen Ich über das Imaginäre hinaus zum Denken und Handeln.

St.eel – Konzept 2010  

   

 
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